5 Fragen an Nathalie Davila-Levy, Projektleiterin der Fondation Follereau Luxembourg

Wie ist die Lage in unseren Interventionsländern?

Afrika bleibt eine grosse Unbekannte in Sachen Coronavirusinfektionspandemie. Die verfügbaren Zahlen entsprechen nicht der tatsächlichen Realität. Aufgrund fehlender Vorsorge- und Betreuungsmöglichkeiten, Angst vor sozialer Ausgrenzung und mangelnder Widerstandsfähigkeit sind die betroffenen Bevölkerungsgruppen nicht unbedingt vollständig erfasst und wir können behaupten, dass die verfügbaren Zahlen weit unter der Realität liegen. Alle unsere Einsatzländer sind natürlich von Covid-19 betroffen, insbesondere Burkina Faso, die Elfenbeinküste und Guinea.

Welche Auswirkungen könnte die Pandemie auf die Projektumsetzung haben?

Bevor wir über die Auswirkungen auf unsere Projekte sprechen, müssen wir über die Auswirkungen der Pandemie auf alle Bevölkerungsgruppen nachdenken. Für sie, und ich möchte mich hier auf die ländliche Bevölkerung konzentrieren, an die sich unsere Projekte in erster Linie richten, ist die Pandemie nicht das Hauptanliegen. Diese Bevölkerungsgruppen leben in einer auf das Überleben ausgerichteten Wirtschaft. Sich selbst und ihre Familien ernähren hat Vorrang, ob mit oder ohne Pandemie. Sie müssen daher ihre (landwirtschaftliche, informelle) Aktivitäten um jeden Preis aufrechterhalten, trotz der neuen Gesundheitssituation.  Unsere Projekte sind die Zeugnisse dieses täglichen Kampfes: Die Betroffenen werden auf Hygienemaßnahmen, Distanzierung, die Notwendigkeit der Konsultation bei Symptomen aufmerksam gemacht. Die Partnerorganisationen arbeiten unter schwierigen Bedingungen, da der Zugang zum Einsatzgebiet in einigen Ländern entweder aufgrund des Gesundheitsnotstands oder der Sicherheitslage eingeschränkt ist. Bis heute gibt es keine direkten Auswirkungen auf unsere Projekte. Wir ergreifen jedoch alle notwendigen Maßnahmen, um unsere Teams zu schützen und die Gesundheitszentren, in denen wir präsent sind, zu unterstützen.

Was sind die derzeitigen Hauptziele?

Die wichtigsten Herausforderungen liegen heute in erster Linie auf staatlicher Ebene. Zu oft existieren Gesundheitspolitiken und -strategien, aber die Mittel zu ihrer Umsetzung sind nicht ausreichend. Die Unterstützung von NGOs ist daher wichtiger denn je. Die Angst ist die gleiche wie in unseren Ländern. Die Gesundheitskrise ist ein Problem, das gelöst werden muss, aber die sich abzeichnende Wirtschaftskrise birgt die Gefahr noch größerer und nachhaltiger Schäden. Und Afrika wird ganz sicher der am meisten betroffene Kontinent sein. Eine junge, mangelhaft ausgebildete Bevölkerung, die von einer unterentwickelten informellen Wirtschaft und einer oft vergessenen Bildungslandschaft abhängig ist, kann die Grundlage für große soziale und politische Bewegungen sein.

Wie handeln die Partner der Stiftung in Bezug auf diese Situation?

Die Partner der Stiftung haben seit Beginn der Pandemie auf die Situation reagiert. In Absprache mit der FFL in Luxemburg sind Sonderbudgets zur Verfügung gestellt worden, damit sie auf die entsprechenden Notwendigkeiten reagieren können. Auch die Arbeitsbedingungen haben sich wie in Europa verändert: Arbeiten auf Distanz, sofern möglich (aber die Kommunikationsmöglichkeiten sind oft mangelhaft), Tragen einer Maske, Abstand halten. Die Teams sind in ihren Bewegungen eingeschränkt, bleiben aber weiterhin mit den geförderten Strukturen in Kontakt. Die Betonung liegt auf dem Schutz rund um die Aktivitäten der Gesundheitszentren, die natürlich weiterhin viele Patienten aufnehmen, die an allen möglichen Pathologien leiden. Wir haben zusätzliche Handwaschsysteme installiert, Seife, Gel und Masken zusätzlich zu unseren üblichen Aktivitätsbereichen zur Verfügung gestellt. Es ist wichtig, hier daran zu erinnern, dass Wasser in Afrika ein knappes Gut ist. Die Sensibilisierung erfolgt auf der Ebene der Bevölkerung durch Radiobotschaften, ein in Afrika stark genutztes Medium.

Werden sich die Aktivitäten in der Zukunft ändern?

Es ist schwierig, die Zukunft vorherzusagen. Es gibt noch zu viele Unsicherheiten. Leider stehen wir bei diesem Phänomen erst am Anfang. Wir arbeiten bereits an den Programmen für die nächsten 5 Jahre. Wenn unsere Prioritäten bleiben: Mutter-Kind-Betreuung und Kinderschutz, ist es klar, dass wir unsere Methoden an die sich verändernde Situation anpassen müssen. Das Schlüsselwort wird Flexibilität in unseren Ansätzen, Arbeitsmethoden und Instrumenten bleiben. Aber das erste Ziel bleibt und wird immer die Unterstützung für gefährdete Bevölkerungsgruppen bleiben.

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